Besonders ökologisch orientierte Waldbesitzer wählen in ihren Wäldern alte Bäume aus, um sie als Lebensraum für Tiere und auch Pflanzen dauerhaft zu erhalten. Häufig sind es Bäume mit Höhlen oder außergewöhnlichen Wuchsformen, welche dann, wie bereits erwähnt als sog. Horstbäume (Habitatbäume) ausgewählt und dauerhaft markiert werden. Ziel sind zumeist 3-5 Bäume je Hektar, da diese in den diversen Förderprogrammen gefordert werden. So sieht beispielsweise das Habitatbaumkonzept der Niedersächsischen Landesforsten vor, dass in allen Wäldern über 100 Jahre (Nadelwald) bzw. 120 Jahre (Laubwald) je Hektar Waldfläche fünf besonders geeignete Habitätbäume ausgewählt und dauerhaft bis zum natürlichen Zerfall erhalten bleiben sollen. Das entspricht 5% der Waldfläche, auf der Axt und Säge ruhen und die natürliche Waldentwicklung mitten im Wirtschaftswald dauerhaft Vorrang genießt.
Um den dauerhaften Schutz der Habitatbäume zu gewährleisten müssen ausgewählte Bäume nachvollziehbar gekennzeichnet werden. Die optische Kennzeichnung durch Sprühfarbe oder einer
Beschilderung, dient in erster Linie dem Wiedererkennungswert auf der Fläche für anstehende Maßnahmen, wie Feinerschließung oder der Holzernte. Es ist wenig Zielführend wenn der Harvester unmittelbar an einem Habitatbaum gelenkt wird oder die Schlagrichtung inmitten einer zu schützenden Baumgruppe verläuft. Beispiele für eine Kennzeichnung kann der Buchstabe „H“ für Habitat- oder Horstbaum sein, eine Wellenlinie oder ein Symbol wie der Specht, über eine Schablone aufgetragen. Hier gibt es leider wieder einmal kein einheitliches Vorgehen und manch eine Kennzeichnung hat schon für Verwirrungen gesorgt…
Egal wie präzise oder unpräzise Begrifflichkeiten oder Kennzeichnungen ausfallen, im Endeffekt kommt es auf das Gleiche hinaus: dieser Baum bleibt stehen!
Streng genommen bedarf es gar keiner Ausweisung von Habitatbäumen, da die gute fachliche Praxis in der Forstwirtschaft das Bundesnaturschutzgesetz nicht aushebelt. Demnach sind jene Bäume, die die Nester von Taggreifen (Bussarde, Milane, Falken, Habicht, Sperber), Kolkrabe, Graureiher und Waldohreule beherbergen, Höhlenbäume mit großen Bruthöhlen von Schwarzspecht und seinen Brutfolgern (Dohle, Hohltaube, Fledermäuse, Hornissen …) und Bäume mit mehreren Kleinhöhlen (z.B. Buntspechthöhlen) und weitere, von Gesetzes wegen streng geschützt. Schon eine Störung dieser Lebensräume ist untersagt! Unter anderen gilt auch im Wald das Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG) § 39
Allgemeiner Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen; Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen
(1) Es ist verboten,
1. wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten,
2. wild lebende Pflanzen ohne vernünftigen Grund von ihrem Standort zu entnehmen oder zu nutzen
oder ihre Bestände niederzuschlagen oder auf sonstige Weise zu verwüsten,
3. Lebensstätten wild lebender Tiere und Pflanzen ohne vernünftigen Grund zu beeinträchtigen oder
zu zerstören. […]
Die Kartierung zielt darauf ab, Informationen über die Qualität und Quantität des Biotopholzinventars im Wald zu gewinnen. Ein weiteres Ziel ist es, bestimmte Bäume im Einvernehmen mit den Eigentümern dauerhaft aus der Nutzung zu nehmen. Deshalb haben die Bundesländer diverse Förderprogramme ins Leben gerufen.
Die Durchführung der Kartierung erfolgt zur besseren Nachvollziehbarkeit heute im blattlosen Zustand während des Winterhalbjahres. Alle aufgenommenen Biotopbäume werden per GPS eingemessen (Messgenauigkeit von +/- 5 m). Das Raumbezugssystem ist ETRS 1989 UTM Zone 32N.
Die Biotopbaumdaten beinhalten i.d.R. eine laufende Nummer, eine Objektkennung, die Baumart, die Besitzart und die Biotopbaumkennung (z.B. Horstbaum, Totholz usw.). Eine Mehrfachnennung ist hierbei durchaus möglich, da alte Bäume häufig vielfältige Strukturen aufweisen.
Darüber hinaus können der Brusthöhen-Durchmesser (Gemessen, ganzzahlig ohne Nachkommastelle in 1,20m Höhe), die geschätzte Baumhöhe (ganzzahlig, bei hängenden und liegenden Bäumen nur die Stammlänge angeben) und die Baum-Sonderstrukturen (z. B. Efeubewuchs, Uraltbäume) angegeben werden. In den meisten Fällen gibt der Förderantrag die zu benennen Parameter vor.
Der ökologische Wert eines Baumes steigt mit zunehmendem Alter markant an. Biotopbäume bieten wertvolle Nischen für hochspezialisierte Arten. Als Hotspots der Biodiversität
sollten sie demzufolge erhalten werden. Zudem nehmen sie eine wichtige Verknüpfungsfunktion zwischen Waldreservaten und Altholzinseln ein. Mindestens 10 Biotopbäume/ha wären für die Vernetzung artenreicher Waldflächen sinnvoll, besser noch wäre der Erhalt von Teilflächen innerhalb der Bestandes Struktur.
Die größte Gefahr droht, wie bereits erwähnt, durch unabsichtliches Fällen der Bäume oder das Befahren der Fläche. Das Auffinden (Kartieren) und Markieren (in Absprache mit dem zuständigen Förster) der wertvollen Bäume hilft, dies zu verhindern.
Konkret werden als Biotopbäume bezeichnet: Bäume mit Stammverletzungen, Rissen und Rindentaschen und sogenannte "Saftbäume". Uralte Bäume und Baumriesen, sogenannte "Methusalems". Bäume mit Mulmhöhlen, Stammfusshöhlen und Zwieseln gehören ebenfalls zu den Biotopbäumen. Auch die sog. Horst- und Höhlenbäume. (siehe Bericht unter NEWS : Specht Höhlen im Wald / Sozialer Wohnungsbau). Aber auch Bäume mit speziellem Moos-, Flechten- oder Pilzbewuchs haben einen hohen ökologischen Wert. Mit Efeu oder anderen Kletterpflanzen überwachsene Bäume sind als Nahrungsgrundlage und Nistplatz für Vögel und Insekten von Bedeutung. Ebenfalls jene mit abgestorbenen Ästen, Kronenbruch und Kronentotholz. Insbesondere Kronentotholz zählt zu den herausragenden Standorten für hochspezialisierte Käferarten.
Ein Biotop- oder Habitatbaum ist folglich ein Baum, der mindestens ein Baummikrohabitat trägt.
Baummikrohabitate sind klar abgegrenzte Habitatstrukturen, die von teilweise hochspezialisierten Arten oder Artengemeinschaften während zumindest eines Teils ihres Lebenszyklus genutzt werden.
RENTYOURFOERSTER
weiß, das Nachhaltigkeit im Wald heute noch oft primär in Bezug auf die Holznutzung definiert und die Nachhaltigkeit bezüglich Biodiversität meistens auf einen standortgerechten Baumbestand reduziert wird. Ein effektiv nachhaltig wirtschaftender Förster sollte immer beides im Auge haben: den Elitebaum, der das Geld über seine Holzqualität einbringt und den
Biotopbaum, der ein wichtiges Element für die Biodiversität im Wald ist. Das bedeutet, dass bereits bei der ersten Durchforstung das Augenmerk auf mögliche Biotopbäume gerichtet werden muss. Da eine große Artenvielfalt auch zu stabileren Waldbeständen führt, ist deren Erhaltung und Förderung durchaus im ökonomischen Interesse der Waldbesitzer. Waldbestände mit großer Artenvielfalt dürften auch bezüglich dem Klimawandel resilienter sein. Darüber hinaus gibt es an und um einen Habitat- oder Horstbaum (Biotopbaum) auch immer spannendes zu entdecken!